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Kostenloser Fernkurs: Reiseführer schreiben - Lektion 1 bis 11

 

LEKTION 1

Es sind weitaus mehr Reiseführer-Reihen auf dem deutschen Buchmarkt, als viele wissen. Marco Polo ist die auflagenstärkste Reihe in der unteren Preisklasse. In der mittleren Preisklasse streiten sich die Bücher aus dem Michael-Müller-Verlag und die DuMont-Reisetaschenbücher um den Spitzenplatz. Reiseführer, die mehr als 20 Euro kosten, sind kaum noch im Angebot.

Nehmen Sie sich eine Stunde Zeit und gehen Sie in eine gute Buchhandlung mit großer Reiseführer-Abteilung (das Internet ist kein Ersatz dafür). Nehmen Sie sich alle Reiseführer zu einem oder zwei Zielgebieten, in denen Sie sich gut auskennen oder in dem Sie ohnehin zu Hause sind. Vergleichen Sie die Seitenzahlen. Sie werden feststellen, dass fast jede Reiseführer-Reihe für jedes Zielgebiet die gleiche Seitenzahl bietet. Das heißt für Sie: Egal, ob Sie über New York oder über Rostock, über den gesamten Peloponnes oder nur über die Insel Santorin schreiben wollen - Sie müssen jedes Mal die reihenspezifische Seitenzahl mit Text füllen.

Schauen Sie sich das jeweilige Inhaltsverzeichnis genau an. Für jede Reiseführer-Reihe gibt es die gleichen Standard-Rubriken. Egal, ob Sie sich auf einem Gebiet gut auskennen oder nicht: Sie müssen darüber etwas schreiben. Geschichte und Kunstgeschichte sind Standardthemen, da sollten Sie schon Interesse daran haben. Museen müssen ebenso beschrieben werden wie Ausgrabungsstätten, Restaurants, Tavernen, Discos, Angebote für Kinder, Strände und Sportangebote oder Hotels jeder Preisklasse. Oft werden auch Wandertipps erwartet.

Überlegen Sie dann, wie viel Zeit Sie für eine gründliche Recherche brauchen werden und wie viel Zeit fürs Schreiben. Ein Reiseführer mit 200 Seiten besteht durchschnittlich aus 300 000 Buchstaben - die Sie alle selbst schreiben müssen. Wie viele Anschläge trauen Sie sich pro Tag zu? Probieren Sie es zu Hause einmal aus, indem Sie über ein Thema schreiben, das Ihnen leicht fällt. Ich als Voll-Profi plane pro Tag etwa 10 000 Anschläge, in Notfällen schaffe ich auch 15-20000 Anschläge - aber ich stehe seit 43 Jahren im Training!

Wenn Sie jetzt noch Lust haben, einen Reiseführer zu schreiben, hinterfragen Sie intensiv, warum Sie das wollen. Reich werden Sie als Reiseführer-Autor garantiert nicht. Wenn Sie Glück haben, holen Sie Ihre Reisekosten wieder herein. Davon gut leben können Sie erst, wenn Sie mindestens 20 Reiseführer auf dem Markt haben - und möglichst alle zu ungefähr der gleichen Region (um die Recherchekosten auf verschiedene Bände verteilen zu können).

Bedenken Sie auch, dass die meisten Verlage keinen oder nur einen geringen Vorschuss zahlen. Oft müssen Sie die Reisekosten aus eigener Tasche vorstrecken!

Wenn Sie mehr über mich und meine Bücher erfahren wollen, klicken Sie auf meiner Homepage in der linken Spalte  die Rubriken “Meine Bücher” und “Zur Person” an. Meine Mailadresse finden Sie dort in der Rubrik “Impressum”.

 

LEKTION 2

Was kann man mit Reiseführern verdienen? Das hängt stark vom Zielgebiet, der Reiseführer-Reihe und der Vertragsart ab. Nur wenige gut verkaufende Verlage schließen noch Verträge auf Tantieme-Basis ab. Das sind Verträge, bei denen der Autor am Verkaufserlös beteiligt wird. Meist bekommt der Autor 3-6% von jedem verkauften Exemplar - allerdings nicht vom Ladenverkaufspreis, sondern von dem Preis, den der Verlag bei Abgabe an Buchhändler, Großhändler und Internet-Giganten wie Amazon erzielt. Meist erhält der Verlag nur etwa die Hälfte vom Verkaufspreis. Das heißt: Kostet ein Buch 20 Euro, erhält der Verlag nur 10 Euro davon. Davon werden dann die Prozente berechnet. Für ein Buch, das im Laden 20 Euro kostet, erhält der Tantiemen-Autor 0,30-0.60 Euro abzüglich 7% Mehrwertsteuer. Da kommen in sich sehr gut verkaufenden Reihen für den Autor je nach Titel ca. 1000-4000 Euro/Jahr zusammen, von denen er natürlich all seine Reisekosten bestreiten muss. Die Abrechnung erfolgt meist halbjährlich, manchmal auch nur jährlich.

Viele Verlage behalten natürlich lieber das meiste Geld für sich und schließen darum nur Verträge auf Festhonorar-Basis ab. Das heißt: Der Autor erhält für das Schreiben des Manuskripts ein fest vereinbartes Honorar in Raten ausgezahlt (Teil evtl. bei Vertragsabschluss, weiterer Teil bei Annahme des Manuskripts durch den Verlag, Restsumme nach Erscheinen des Buches). Die Festhonorare sind je nach Verlag und Umfang des Reiseführers - aber zumeist unabhängig vom Zielgebiet und den Reisekosten - unterschiedlich hoch. Sie liegen zwischen 1500 Euro für einen schmalen Band bis zu 10 000 Euro für einen ganz dicken Band.

Für jeden Reiseführer fallen im Durchschnitt alle zwei Jahre Aktualisierungen an. Nur selten bekommt der Tantiemen-Autor dafür einen zusätzlichen Festbetrag (800-1200 Euro). Meist erhält er für die Aktualisierung überhaupt kein Extra-Honorar oder bestenfalls einen Vorschuss auf zukünftige Honorarabrechnungen. Der Festhonorar-Autor erhält hingegen einen Festbetrag für die Aktualisierung. Er liegt meist zwischen 550 und 1500 Euro; bei ganz dicken Bänden können es auch schon einmal 2000 Euro sein. Der Festhonorar-Autor kann jedoch nicht immer sicher sein, dass er die nächste Aktualisierung auch angetragen bekommt. Der Verlag kann sich meist frei entscheiden, wem er eine Aktualisierung überträgt. Der Tantiemen-Autor hingegen ist dazu verpflichtet. Hat er zur Aktualisierung keine Zeit oder keine Lust, zieht der Verlag ihm das Honorar für die Aktualisierung durch einen Fremdbearbeiter von der Honorarabrechnung ab.

Sein Honorar mit Fotos aufzubessern, ist fast unmöglich. Nur wenige Verlage nehmen gern Fotos ihrer Autoren (Michael Müller z.B.). Andere beziehen sie von großen Agenturen und auch von fotolila & Co so billig, dass sie Autorenfotos nur nehmen, wenn sie keine anderen finden. Manchmal liegt das Honorar dann pro Bild bei einmalig 10 Euro, bei guten Verlagen bei einmalig maximal 40 Euro.

Und nun die versprochene erste Hausaufgabe: Wenn Sie immer noch Lust haben, Reiseführer zu schreiben, schreiben Sie einmal für die Rubrik “Essen und Trinken” drei Tipps für Restaurants oder Kneipen in ihrem Heimatort. Pro Lokal haben Sie (ohne Adresse und Telefon und Homepage) 140-210 Buchstaben Platz. Achten Sie darauf, dass die drei Beschreibungen sich textlich möglichst stark unterscheiden! Senden Sie mir die Beschreibungen dann per Mail (Adresse im Impressum). Ich bin auf die ersten Ergebnisse gespannt!

 

LEKTION 3

Welche Verkaufschancen hätte Ihr Reiseführer auf dem Markt? Das interessiert nicht nur Sie, sondern vor allem auch die Verlage. Um das beurteilen zu können, brauchen Sie handfeste Fakten. Recherchieren Sie also zunächst, wie viele deutschsprachige Besucher die von Ihnen ins Auge gefasste Destination hat. Überlegen Sie selbst, welche Art von Urlaubern bevorzugt in Ihre Destination reisen. Für ausgesprochene Tauchreiseziele wie das Rote Meer oder die ABC-Inseln können Sie davon ausgehen, dass die meisten, die dorthin reisen, keinen Reiseführer kaufen, weil sie nur Interesse an der Unterwasserwelt haben. Hat eine Region besonders viele Stammgäste, muss Ihr Reiseführer schon recht ungewöhnlich sein, um von denen gekauft zu werden…Prüfen Sie dann, wie viele Reiseführer schon zu dem Thema auf dem Markt sind (kann man gut mit Hilfe von amazon machen). Bei Amazon können Sie auch sehen, welchen Verkaufsrang der jeweilige Band bei Amazon gerade hat. Das sagt zwar nicht sehr viel, aber zumindest ein wenig aus. Verlage haben sogar ein Instrument, mit dem Sie sehen können, wie viele Exemplare eines Bandes ungefähr über den stationären Buchhandel verkauft werden. Die Verlage selbst geben keine Zahlen über Auflagenhöhen und verkaufte Exemplare bekannt.

Prüfen Sie dann, in welchen Reihen Reiseführer zu Ihrer Destination erschienen sind und wann deren letzte Auflage war. Sind die Auflagen zumeist drei und mehr Jahre alt, verkauft sich der Band wohl miserabel. Da lohnt es sich nicht, noch einen zusätzlich zu schreiben.

 

LEKTION 4

Angenommen, ein Verlag reagiert positiv auf Ihr Angebot. Wie geht es dann weiter?

Manche Verlage werden zunächst ein Exposé von Ihnen anfordern. Dafür sollten Sie sich auf jeden Fall das Inhaltsverzeichnis eines vergleichbaren Bandes aus der entsprechenden Reihe zum Vorbild nehmen. Wenn Sie das nicht tun, zeigt das dem Verlag, dass Sie ein Träumer sind und sich nicht um die Vorgaben des Verlages kümmern. Manche Verlage werden von Ihnen auch ein paar Schreibproben verlangen. Wenn Sie schon etwas veröffentlicht haben, egal wo, ist das gut. Wenn Sie Ihre zukünftigen Hausaufgaben in diesem Kurs gut erledigen, können Sie auch die hinschicken.

Wenn Sie dann den Vertrag unterschrieben haben, haben Sie meist zwischen 6 und 12 Monate Zeit bis zur Manuskriptabgabe. Sie sollten in dieser Zeit mindestens zweimal ins Zielgebiet reisen und nach der ersten Reise bereits viele Texte schreiben. Erfahrungsgemäß eröffnen sich nämlich beim Schreiben immer noch Zusatzfragen, deren Antworten sie auf der zweiten Reise suchen können.

Ist das Manuskript abgegeben, prüft der Verlag, ob es den Vorgaben des Verlages entspricht. Nach dieser Prüfung wird oft die erste Honorarrate fällig. Ihr Manuskript geht dann an einen Lektor, der es gründlich bearbeitet, Ihnen viele Rückfragen stellen wird und der es schließlich auch ins Lay-out einbaut. Dabei ergibt sich oft die Notwendigkeit, hier und da noch ein bis fünf Zeilen auf einer Seite zu ergänzen oder auch einige Zeilen zu streichen. Das kostet Anfängern oft besonders viel Zeit, Profis erledigen solche Aufgaben in Minutenschnelle.

Ist der Band fertig gesetzt, erhält ihn der Autor bei den meisten Verlagen (nicht bei allen) noch einmal zu einer letzten Durchsicht. Dabei sollte man besonders auf die Bildunterschriften achten, die normalerweise der Lektor verfasst, der das Zielgebiet häufig gar nicht kennt: Da schleichen sich manchmal die schwachsinnigsten Texte ein. Der Leser wird sie dem Autor anlasten….

Danach geht die Satz-Datei an die Druckerei. Die meisten Verlage lassen im Ausland drucken, sogar im fernen China.Transportiert werden die fertigen Bücher dann per Bahn, Lkw oder - aus China - per Schiff. Zum vorgesehenen Erscheinungstermin landen sie dann bei den Grossisten, Buchhandlungen und Internet-Anbietern. Der Autor erhält meist 10-20 Belegexemplare, die er nicht weiter verkaufen darf.

Zwischen Manuskriptabgabe und Erscheinen des fertigen Buches liegen häufig 4-6 Monate, in Extremfällen sogar ein Jahr und mehr. Das ist natürlich nicht im Sinne von Autor und Leser, aber darum scheren sich manche Verlage nicht. Im Impressum steht natürlich das Jahr des Erscheinungstermins, nicht das der Recherche oder der Manuskriptabgabe. Viele Leser bedenken das nicht und beschweren sich mit solch rüden Worten wie “Der Autor war wohl vor fünf Jahren zum letzten Mal da”. Das muss man schlucken, wie manch andere freche Lesermails auch…

Einige Verlage bieten neuerdings auch zum Buch gehörende Webseiten an, auf denen der Autor ihm bekannt gewordene Änderungen und Neuigkeiten publizieren kann. Honorar zahlen die Verlage dafür meist gar nicht oder kaum.

 

LEKTION 5

Wird mein Reiseführer auch in Fremdsprachen übersetzt? Was habe ich davon? Einige Reiseführer-Reihen (Marco Polo, Baedeker, Merian live, DuMont Direkt, DuMont-Reisetaschenbücher, Nelles z.B.) werden auch in Fremdsprachen übersetzt. Die Übersetzungen lässt der Verlag durchführen, der Autor hat damit nichts zu tun. Je nach Verlag/Reihe ist er unterschiedlich daran beteiligt. Fair sind Verträge, die vorsehen, dass der Autor die Hälfte der erzielten Erlöse abzüglich der Übersetzungskosten erhält. Meist ist der Autorenanteil geringer, manchmal beträgt er nur 1-2 Cent pro verkauftem fremdsprachigen Exemplar.

Werden meine Reiseführer auch in den Zielgebieten verkauft? Das ist von Land zu Land unterschiedlich. Am besten klappt das in Deutschland. Da werden Reiseführer zur Region nicht nur in den örtlichen Buchhandlungen verkauft, sondern oft auch von den Touristen-Informationsstellen der Region. Das ist super. Nach Griechenland hingegen liefert kein Verlag Exemplare oder wenn, dann nur gegen Vorkasse:  zu oft blieben in der Vergangenheit Rechnungen an griechische Wiederverkäufer unbezahlt.

Erscheinen meine Reiseführer auch als e-books? Viele meiner Reiseführer sind auch als e-books erhältlich. Verkauft werden nur sehr wenige Exemplare. Mein Verdienst pro E-Book hält sich im untersten zweistelligen Bereich pro Jahr. Bei den englischsprachigen Lonely Planet läuft das wohl besser, weil man sich da auch nur einzelne Kapitel eines Buches gegen anteilige Kosten downloaden kann…

 

LEKTION 6

Diesmal geht es um die Steuer-, Versicherungs- und Haftungsfragen.

Zuerst die Steuern: Einnahmen aus Tantiemen und Honoraren unterliegen der Einkommenssteuerpflicht. In Zusammenhang mit der Arbeit entstandene Kosten können teilweise steuerlich abgesetzt werden: Flug- und andere Transportkosten, Mietwagen, Benzin, Übernachtungskosten, Eintrittskarten, Kosten für Bücher, Landkarten etc. Nur zu Pauschalsätzen sind Verpflegungskosten absetzbar. Alle Kosten müssen natürlich durch Belege nachgewiesen werden. Wer mit Freund/Freundin reist, sollte darauf achten, dass alle Belege für nur eine Person sind - ansonsten unterstellt das Finanzamt eventuell, Hauptzweck der Reise sei Urlaub gewesen. Bei Anfängern, die zum ersten Mal eine Steuererklärung abgeben müssen, dürfen zunächst die Ausgaben durchaus höher sein als die Einnahmen. Spätestens nach  zwei bis drei Jahren muss jedoch ein Gewinn ausgewiesen sein - sonst macht das Finanzamt nicht mehr mit und erklärt die Tätigkeit zum Hobby.

Ein Gewerbe muss der Reiseführer-Autor nicht anmelden. Seine Arbeit gilt als freiberufliche Tätigkeit. Anders sieht es aus, wenn er nebenbei bloggt und durch seinen Blog mit Werbung einen zumindest hohen dreistelligen Betrag einnimmt - dann gilt er als Gewerbetreibender.

Kranken- und Rentenversicherung sind Basics deutschen Lebens. Autoren, die mindestens ca. 5000 Euro im Jahr durch ihre Schreiberei erwirtschaften, können die Aufnahme in die gesetzliche Künstlersozialkasse KSK beantragen. Dort ist man dann wie andere gesetzlich Versicherte auch kranken-, renten- und pflegeversichert. 50% der Beiträge zahlt man selbst, 40% trägt die Gemeinschaft aller Verlage und 10% der Staat. Außerdem gibt es noch die VG WORT, die für Schreiber Ähnliches bietet wie die GEMA für Musiker. Dort kann sich auch schon anmelden, wer sein erstes Buch auf den Markt gebracht hat. Er erhält dann jährlich einen Beitrag aus Bibliotheks-, Fotokopier-, Drucker- und ähnlichen Abgaben und kann jede Reiseführer-Neuerscheinung bei der Abteilung Wissenschaft innerhalb der VG  Wort anmelden, die ihm dafür einmalig einen dreistelligen Betrag überweist. In echten Notfällen gewährt sie auch Kredite. Wer im Ausland recherchiert, sollte auf jeden Fall eine Auslandskrankenversicherung abschließen. Sie ist schon für eine Jahresprämie um die 10 Euro erhältlich.

P.S: Für Fotografen gibt es analog zu GEMA und VG WORT die VG Bild + Kunst

Manchmal ist es traurig: Bisher musste meines Wissens noch nie ein Reiseführer-Autor für den Blödsinn, den er schrieb, haften. Die Verlage drucken in der Regel im Buch einen Haftungsausschluss. Eine Berufs-Haftpflichtversicherung abzuschließen, ist also überflüssig. Die beste Versicherung in dieser Hinsicht ist es ohnehin, gründlich und stets aktuell zu recherchieren.

 

LEKTION 7

Mal was Praktisches: Wie recherchiere ich Restaurant- und Tavernentipps? Das Angebot an Cafés und Esslokalen ist ja überall riesig. Wie kann man da die zwei, drei oder auch zehn empfehlenswertesten finden und guten Gewissens herausstellen?

Eins vorweg: Beurteilungen im Internet sollten zumindest im Anfangsstadium überhaupt keine Rolle spielen. Die Bewertungen dort sind nur wenig wert, denn zu unterschiedlich sind die Erwartungen, Erfahrungen und der Geldbeutel der jeweiligen Beurteiler. Internet-Beurteilungen. z.B. auf tripadvisor, sollte man höchstens zu Hilfe nehmen, wenn man sonst überhaupt nicht weiter kommt… Gleiches trifft für Foren zu.

Ich verschaffe mir zunächst bei einem ersten Ortsrundgang einen allgemeinen Überblick, achte auf Werbeplakate, sammle regionale PR-Magazine mit vielen Anzeigen, Werbezettel und Visitenkarten. Manchmal fällt mir schon bei diesem ersten Rundgang das eine oder andere Lokal auf, dass ich auf jeden Fall inspizieren möchte. Dann frage ich natürlich meinen örtlichen Quartiermeister nach seinen Tipps (die oft zu Verwandten führen…), quatsche viele in- und ausländische Touristen an und lasse mir von ihren Erfahrungen berichten. Manchmal werfe ich auch einen Blick in einen ernst zu nehmenden Reiseführer eines Mitbewerbers: Wenn der ein Lokal ganz besonders hervorhebt, schaue ich es mir an. Ist es wirklich super, darf ich es meinen Lesern natürlich nicht vorenthalten, nur weil es schon in einem anderen Reiseführer steht.

Dann mache ich mich auf den kalorienreichen Leidensweg. Ein genauer Blick auf die jeweiligen außen ausgestellten Speisekarten gibt erste Hinweise. Erscheint mir ein Lokal halbwegs interessant, gehe ich hinein und um umkreise wie ein Geier die Tische, an denen schon Gäste sitzen. Ich starre Ihnen auf die Teller und schaue Ihnen in die Augen. Wenn das, was ich sehe, positiv ist, setze ich mich und bestelle selbst etwas. Die ganze Prozedur ist zwar unhöflich, aber effektiv, spart Fehlinvestitionen und Zeit.

Grundsätzlich oute ich mich natürlich beim ersten Besuch auf keinen Fall als Autor, versuche aber dennoch, mit dem Wirt/der Wirtin ins Gespräch zu kommen. Doch ich bezahle, bevor ich viele Fragen stelle, denn an der Art der Fragen merken kluge Wirte doch, dass ich kein Gast mit normalen Absichten bin.

Was mich in Tavernen/Restaurants besonders interessiert, sind neben den Hard Facts wie Preisen, Öffnungszeiten, Telefon und Website vor allem Dinge, die nicht in jedem Reiseführer stehen und wirkliche Hilfen bieten. Wie heißen der Wirt und seine ständigen Mitarbeiter, wo kommen sie her, welche Sprachen sprechen sie? Wer steht in der Küche, woher kommen die verwendeten Rohstoffe? Was steht Originelles und selten angebotenes Landestypische auf der Karte? Wieviel kosten solche Gerichte, was sind sie genau? Notizen mache ich mir natürlich auch über das Ambiente, die Musikfarbe und Dinge, die kaum einem Gast auffallen, aber irgendwie typisch fürs Land sind.

Wenn Sie Lust haben, versuchen Sie sich doch einmal an Hausaufgabe Nr. 2: Beschreiben Sie ein Esslokal ganz ausführlich mit mindestens 900, maximal 1400 Buchstaben! Vergessen Sie die Essentials nicht, machen Sie mir aber auch den Mund wässrig oder mich zumindestens neugierig!

 

LEKTION 8

Lästig, aber notwendig: Umfangsberechnungen! Da fast alle Reiseführer ja in etablierten Reiseführerreihen erscheinen, ist der Autor an zahlreiche Vorgaben der Verlage gehalten. Welche Standard-Kapitel enthalten sein müssen, schreibt der Verlag vor. Manche Verlage senden ihren Autoren vorab einen “Seitenlaufplan”, aus dem zu entnehmen sind, wieviele Zeichen (inklusive Leerzeichen) für ein Kapitel zu schreiben sind. Andere Verlage neben die Zahlen in ihren Hinweisen für den Autor. Bei wiederum anderen Verlagen überlässt man die Arbeit auch den Autoren, die dann aus vergleichbaren Bänden die jeweiligen Zeichen selbst errechnen müssen.

Das Zeichenzählen ist mit Hilfe der Word-Funktion “Wörter zählen” sehr einfach. Sie zählt nicht nur die Wörter, sondern tatsächlich auch die Zeichen mit und ohne Leerzeichen. Für Autoren relevant ist immer die Zeichenzahl inklusive Leerzeichen. Die “hohe Kunst des Profis” besteht nun darin, dass er einfach drauflos schreibt und dennoch genau die vorgegebene Zeichenzahl erreicht (plus/minus 2%). Jedes zuviel geschriebene Wort ist unbezahlte Mehrarbeit - und wenn am Ende gar Text fehlt, ist das noch mühevoller auszugleichen.

Wirklich professionell ist es auch, wenn man den Seitenumbruch schon berücksichtigt. Wenn ich zum Beispiel auf einer Aufmacherseite unter einem Foto nur noch Platz für 1900 Zeichen habe, muss  ich aufpassen, dass eine eventuelle Zwischenüberschrift nicht gerade in die dritt, vor- oder letzte Zeile auf der Seite käme - das sähe unschön aus und müsste ausgeglichen werden. Diesen Ausgleich nehmen zwar gute Lektoren vor, ohne den Autor darum zu bitten - aber was bei Ihren eigenmächtigen Ergänzungen oder Kürzungen heraus kommt, ist manchmal haarsträubend. Besser, man beugt solchen Eventualitäten nach Kräften vor, wo immer es geht. Da die meisten Reiseführer im Blocksatz gesetzt werden, ist eine exakte Zeichenzahl pro Zeile freilich nicht verfügbar, da ist nichts dran zu ändern.

Hausaufgabe 3 + 4: Versuchen Sie einen Text zu einem x-beliebigen Thema von 2400-2480 Zeichen von Anfang bis Ende durchzuschreiben, ohne die Zeichenzahl um mehr als 2% zu über- oder unterschreiten! Und teilen Sie mir doch bitte mit, wieviel Zeichen der Text dieser 8. Lektion hatte, einschließlich diesen letzten Satzes!

 

LEKTION 9
So mancher träumt vielleicht davon, die Texte fürs Buch schon unterwegs zu schreiben. Meine Erfahrung: Das funktioniert nicht! Ich sitze jetzt am 5. September um 16.30 Uhr gerade auf der Terrasse unseres altertümlichen Apartments in Toroni/Chalkidiki. Strand 6, Meer 15, nächste Taverne 23 m entfernt. Baumschatten, Becher Kaffee und Camel ohne auf dem Tisch, Flasche Wasser zu meinen Füßen. 36 Grad Lufttemperatur. Von 9-16 Uhr war ich unterwegs. 40 km im heißen Auto. Mir schon bekannte und zwei mir bisher unbekannte Tavernen gecheckt, zwei Unterkünfte, eine Beach Bar. Zwei längere Gespräche auf Griechisch mit Wirten und ein ganz langes mit einem Deutschen geführt, der schon jahrelang in dieser Gegend lebt und arbeitet.
Um 18 Uhr geht es weiter: Noch eine Beach Bar, zwei Pensionen und zwei Tavernen checken. Und hoffentlich auch mehr informative Gespraeche.
Und in der Pause jetzt: dieser Text. Woher soll also die Zeit kommen, um an den Reiseführer-Neutexten zu arbeiten? Außerdem: Morgen kommen ja noch weitere Infos aus dieser Region hinzu. Dann sind manche von heute vielleicht Schnee von gestern, relativieren sich Einschätzungen und Wertungen. Und danach geht es gleich weiter in eine andere Region des Zielgebiets Chalikidiki. Bis zum Ende dieser Recherchenreise hat sich die spontane Begeisterung für Manches vielleicht schon wieder gelegt, hat sich mancher Zweifel geklärt, könnte ich manches im Net nachrecherchieren. Erst zu Hause ist die Zeit gekommen, die Texte auf der Grundlage von Notizen, Fotos und gefilterten Erinnerungen zu schreiben….

 

LEKTION 10

Wie recherchiere ich Hotels und Pensionen? In jedem Reiseführer müssen normalerweise soviele Unterkünfte beschrieben und empfohlen werden, dass man als Autor gar nicht in allen selbst einmal übernachtet haben kann. Das ist zwar traurig, aber wahr. Wie also geht man am besten vor?

Am schönsten sind natürlich die Entdeckungen, die man selbst mehr oder minder zufällig macht. Hilfreich sein kann aber auf jeden Fall ein ausführlicher Blick auf das vorhandene Angebot in den Katalogen der Reiseveranstalter und auf den Seiten von Hotelvermittlern wie booking.com und hrs.de. Hat man hier interessant aussehende Angebote gefunden, schaut man sie sich selbst an. Ob man sich dabei als zukünftiger Autor zu erkennen gibt oder vorgibt, demnächst mit Freunden oder Familie kommen zu wollen, sollte je nach Situation entschieden werden. Oft ist es besser, sich nicht als Reiseführer-Autor zu erkennen zu geben, weil man dann leichter einen Anzeigenverkäufer gelten und vielleicht sogar rausgeworfen wird. Noch anders ist es bei Luxushotels: Da kann man meist nicht einfach an die Rezeption gehen und fragen ob man sich ein paar Zimmer und Suiten anschauen darf. Bei Luxushotels ist es am besten, sich vorher an deren deutsche PR-Agentur zu wenden und der sein Anliegen zu schildern. Sie vereinbart dann einen Termin und vermittelt einen Gesprächspartner vor Ort. Hat sie großes Interesse, dass ihr Kunde in den Reiseführer aufgenommen wird, wird man vielleicht sogar zu einer kostenlosen Übernachtung eingeladen.

Besondere Aufmerksamkeit schenke ich immer Unterkünften, die direkt am Strand oder im Stadtzentrum liegen. Hotels internationaler Ketten empfehle ich kaum. Bewertungsportale wie tripadvisor oder holidaycheck nutze ich fast nie. Um Hotelpreise zu recherchieren, nutze ich vor allem booking.com. Da kann ich schnell die tatsächlichen Preise in ganz verschiedenen Jahreszeiten herausfinden, wenn die Hotels - wie heute allgemein üblich - keine Preislisten veröffentlichen. Außerdem finde ich meist die genaue Adresse.

 

LEKTION 11

Wie schaffe ich es, zu Pressekonferenzen eingeladen zu werden und was bringen die mir? Viele Reiseveranstalter und Zielgebiete veranstalten mindestens einmal Pressekonferenzen irgendwo in Deutschland - meist in Berlin, München oder Hamburg. Die Abreisekosten müssen die eingeladenen Journalisten fast immer selbst tragen. Dafür erwartet sie meist ein gutes Essen und manchmal auch ein Informationspaket, das wirklich seinem Namen gerecht wird. Die meisten Anbieter lassen ihre Pressekonferenzen (PK’s) von PR-Agenturen organisieren. Die sind daran interessiert, dass möglichst viele Journalisten kommen, damit ihre Kunden zufrieden sind. Darum werden oft auch Kollegen eingeladen, die dem Kunden kaum oder gar keinen Nutzen bringen - und darum sind bei solchen PK’s auch Anfänger und Blogger häufig gern gesehen. Am besten verschafft man sich erst einmal einen Gesamtüberblick über die deutschen PR-Agenturen und ihre jeweiligen Kunden. Die beste Quelle dafür ist das Buch “Touristik PR”, online unter www.touristik.pr. Dann schreibt man die Agenturen mit Kunden an, die einen interessieren, bittet um Aufnahme in den Presseverteiler und die Einladung zu Pressekonferenzen. Dabei ist es natürlich gut, wenn man schon angeben kann, für wen man schreibt oder wo man bloggt und was man in nächster Zukunft kundenbezogen plant.

Der Besuch von Pressekonferenzen lohnt vor allem, wenn man sich dafür gute Informationen aus seinen Arbeitsbereichen erhoffen kann. Zwei Nutzeffekte ergeben sie oft noch nebenbei: Man lernt freie Kollegen kennen, mit denen man Erfahrungen austauschen kann - und manchmal auch fest angestellte Redakteure. Wenn man bei denen Interesse für die eigene Person und die eigenen Themen erwecken kann, ergeben sich daraus manchmal kleine Aufträge.